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Studie zu rechtsextremen Einstellungen:
Antisemitismus nimmt im Westen stark zu

Anfang September 2002 wurden an der Universität Leipzig die Ergebnisse einer Studie zu rechtsextremen Einstellungen in Deutschland veröffentlicht. Nach der auf Umfragen eines Meinungsforschungsinstituts basierenden Untersuchung sind von den verschiedenen Formen rechtsextremer Einstellungen in der Bevölkerung der Bundesrepublik die Ausländerfeindlichkeit, der Chauvinismus und der Antisemitismus am stärksten verbreitet. Im Zeitverlauf haben antisemitische und den Nationalsozialismus verharmlosende Einstellungen in den alten Bundesländern deutlich zugenommen, während die Ausländerfeindlichkeit in West und Ost auf relativ hohem Niveau verharrt.

Die Studie wurde von Prof. Dr. Elmar Brähler, Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie des Universitätsklinikums Leipzig, und von Prof. Dr. Oskar Niedermayer, Otto - Stammer Zentrum, Freie Universität Berlin, durchgeführt und untersucht Ausländerfeindlichkeit, Chauvinismus, Antisemitismus, Befürwortung einer Diktatur, Sozialdarwinismus und die Verharmlosung des Nationalsozialismus.

Insgesamt 43% der Befragten stimmen der Aussage zu "Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben". Dabei stimmen Personen mit niedrigem Bildungsstand wesentlich mehr zu, vor allem in den alten Ländern. Hier zeigt sich auch eine starke Altersabhängigkeit, die 65-Jährigen stimmen sogar zur Hälfte zu. In diesen Ergebnissen gibt es allerdings keine Veränderung zu Umfragen des Meinungsinstitutes Falter von 1994 und 1998.

Bei den Fragen nach Ausländerfeindlichkeit zeigt sich ein leichter Rückgang im Vergleich zu 1998. Waren beispielsweise damals im Osten 48% und im Westen 42% der Deutschen der Ansicht, die Bundesrepublik wäre durch die vielen Ausländer überfremdet, waren es in der Leipziger Studie im Osten 42% und im Westen 37% der Befragten.

Ganz anders dagegen die Situation im Bereich des Antisemitismus. Hier macht sich im Vergleich zu den Befragungen von 1994 und 1998 ein erschreckender Anstieg deutlich: "Auch heute noch ist der Einfluß der Juden zu groß" fanden 1994 im Osten nur 7%, im Westen 17%. 1998 waren im Osten 12% und im Westen 14% dieser Ansicht. Heute dagegen sind es im Osten 14% und im Westen 31% der Befragten, eine "dramatische Veränderung in Westdeutschland" wie die Studie deutlich betont. Der Aussage "Die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns" stimmen in Ostdeutschland 8%, in Westdeutschland dagegen 22% voll zu.

Ein ähnliches Gefälle zeigt sich auch in Bezug auf die Verharmlosung des Nationalsozialismus. Der Aussage "Ohne Judenvernichtung würde man Hitler heute als großen Staatsmann ansehen" stimmen beispielsweise im Osten 8% im Westen dagegen 19% der Befragten zu. 1998 waren es im Vergleich dazu im Osten 9% und im Westen nur 10%.

Zusammenfassend zeigt die Untersuchung, daß in Ostdeutschland die Ausländerfeindlichkeit wesentlich höher ist, aber auch der Glaube an Diktaturen und der Wunsch nach einem starken Führer ist im Osten stärker ausgeprägt. Dagegen ist in Westedeutschland ein gravierender Anstieg des Antisemitismus zu verzeichnen, was dazu führt, daß erstmals die Zahl der Personen mit rechtsextremen Einstellungen in Westdeutschland höher ist als in Ostdeutschland.

Laut Prof. Brähler sind die Ergebnisse stark bildungsabhängig: Personen mit Abitur sind "in weit geringerem Maße" anfällig für rechtsextreme Einstellungen als diejenigen mit niedriger Bildung. Auch zeigte sich, daß Frauen für diese Einstellungen "weniger empfänglich sind als Männer". Bei der Befürwortung einer rechten Diktatur, dem Chauvinismus, der Ausländerfeindlichkeit und der Verharmlosung des Nationalsozialismus findet sich außerdem eine deutlich größere Verbreitung bei den über 60- Jährigen als bei den mittleren Altersgruppen und den 14- bis 30-Jährigen.

Die Politik hat auf die Präsentation der Studie bisher noch nicht reagiert. Lediglich Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion, erklärte, daß darin ihre Befürchtungen und Erfahrungen bestätigt wurden. Denn auch "die offizielle Politik leistet antisemitischen und fremdenfeindlichen Positionen in der Bevölkerung wieder zunehmend Vorschub. Wenn Leute wie Schill, Stoiber und Möllemann die Backen so mit fremdenfeindlichen und antisemitischen Sprüchen aufblasen wie in den letzten Wochen und Monaten, wundert es mich nicht, wenn sich auch in der Bevölkerung offener Antisemitismus breit macht."

Gründe für den enormen Anstieg des Antisemitismus im Westen hatte Prof. Brähler von der Universität Leipzig übrigens nicht genannt. Er verwies lediglich auf "dramatische Sprünge" bei "existenziellen Angstgefühlen", die andere Untersuchungen ergeben hätten und ihre Wurzeln in den Terroranschlägen des 11. Septembers haben.

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