Antisemitismus.Net

Make payments with PayPal - it's fast, free and secure!

We find this information important and want to present it free of charge, open to the public.

If you find it useful, you can help its development with your donation.

 

Theorie
Historischer Rückblick
Holocaust
Antisemitismus nach 1945
Vergangenheitsdiskurs
 
Audio-Vorträge zum Thema
 
[Aktuelle Meldungen]
[Forum]
 
haGalilon

[Das Wesen des Antisemitismus]
Von Graf Heinrich Coudenhove-Kalergi (1859, Wien - 1906, Poběžovice)

Zweites Kapitel:
Antijudaismus im Altertum
pp 142 in der 1.Auflage von R.N. Coudenhove-Kalergis 1935 herausgegebenem Buch "Judenhass - Antisemitismus".

3. Religiöse Wurzel der hellenistischen Judenverfolgung

Aus dem Gesagten geht hervor, dass diese langwierigen blutigen Kriege keinen anderen Grund hatten als die Religion, dass also der Antisemitismus schon in seiner Wiege den Stempel des religiösen Fanatismus an sich trug; eine Wahrheit, auf die ich meine verehrten antisemitischen Gegner ganz besonders aufmerksam zu machen mir erlaube, mit der höflichen Bitte, dies zu widerlegen, wenn sie es können.

Renan hat bei seiner Beschreibung der Verfolgung zur Zeit der Seleukidenherrschaft den wahrhaft genialen Gedanken niedergeschrieben: "Das, was der Fanatiker am meisten hasst, ist die Freiheit; es ist ihm bedeutend lieber, ein Verfolgter, als ein Geduldeter zu sein, das, was er will, ist das Recht, andere verfolgen zu dürfen."

Es ist dies die notwendige Folge der monotheistischen Lehre, dass Gott nur auf eine einzige Art verehrt werden will und darf; dass alle anderen Götter, außer der Einzige, "Nichtigkeiten", Habalim sind, wie der hebräische Ausdruck lautet, respektive Dämonen, wie die Christen diesen Ausdruck übersetzen*). Ist aber jeder Kult eines anderen Gottes Gotteslästerung und Teufelsdienst, so ist es selbstverständlich, dass er vernichtet und zerstört werden muss und dass es ein gottgefälliges Werk ist, an dieser Zerstörung zu arbeiten. Verliert man nun bei Ausübung dieses gottgefälligen Werkes sein Leben, so ist ewige Seligkeit und endlose Glorie der zu erwartende Lohn. Der Monotheismus, die Lehre von der ausschließlichen Seligmachung und der Sträflichkeit des Irrtums sind notwendigerweise Feinde der religiösen Freiheit und Toleranz. Ihr Gegensatz ist der Glaube, dass alle Gebete der Menschen, an was immer für ein übernatürliches Wesen gerichtet, ganz von selbst nur an eine einzige Adresse gelangen können, wie verschieden auch die Wege und Kanäle sind, die zu ihm führen — nämlich an den einzigen Gott, das Zentrum des "Weltalls.

*) Vergleiche das interessante Werk "Wunder und Scheinwunder" von J. von Bonuiot S. J. (Mainz 1889), worin der Beweis versucht wird, dass sämtliche Götter des Heidentums wirkliche Dämonen waren.

Außer dem Worte Nichtigkeiten hatten die Juden noch andere liebenswürdige Bezeichnungen für die Götter der Fremden, als da sind: Scheusal, Lüge, Unrecht, Nichtgott usw.
Ob man sich durch derartige Bezeichnungen der Objekte der Verehrung seiner Nachbarn beliebt macht, möge der geehrte Leser selbst beurteilen. Wenn damals mit dem Götzendienst Grausamkeit und Unzucht verbunden war, woran nicht zu zweifeln ist, so hätte genügt, diese Ausartungen zu bekämpfen.

Dem Hasmonäer Jonathan war es gelungen, im Jahre 143 v. Chr. den jüdischen Staat wieder autonom zu machen. Diese Regierungsform war außerordentlich intolerant und grausam, religiöse Streitigkeiten und damit verbundene Blutbäder an der Tagesordnung. Die Unzufriedenheit, Streitsucht und Intoleranz der Juden Palästinas erstreckte sich auch auf die Juden Alexandriens. Sie waren bei allen Völkern maßlos verhasst. Schon im Jahre 110 v. Chr. warf Apollonius Molon den Juden ihre Verachtung für alle anderen Religionen, ihre Ungeselligkeit, ihren Mangel an Ehrfurcht gegen die Götter vor. Es entstand unter den Heiden eine eigene jüdische Geschichte, unter andern das große Geschichtswerk von Posidonius, in welchem der Hass der Griechen die unsinnigsten Verleumdungen gegen die Juden niederschrieb, welche von den späteren heidnischen Schriftstellern gerne geglaubt und wiederholt wurden.

Die Geschichte der Hasmonäer bis zur herodianischen Zeit ist eine ununterbrochene Reihenfolge von Intrigen und Verbrechen aller Art. Sadduzäer und Pharisäer befehdeten sich aufs äußerste. Janeus zeichnete sich durch besondere Grausamkeit aus. Während des Bürgerkrieges im Jahre 87 belagerte er die Aufständischen in einer kleinen Stadt namens Bethome, zwang sie zur Übergabe und führte die Gefangenen nach Jerusalem. Dort liess er 800 von ihnen kreuzigen und ließ während ihres langwierigen Todeskampfes die Weiber und Kinder der Unglücklichen in ihrer Gegenwart hinschlachten, während er gleichzeitig mit seinen Mätressen ein Festmahl gab und sich dabei an den Leiden dieser unglücklichen Opfer weidete.

Und was war denn die Veranlassung zu dieser unerhörten Infamie? Wieder ein Skandal religiöser Natur! Als Janeus zirka 95 v. Chr. als Hohepriester beim Laubhüttenfest pontifizierte, inszenierte das Volk, von den Pharisäern aufgestachelt, einen Riesenskandal. Gerade im Augenblick, als Janeus die Stufen des Altars hinaufschritt, erscholl von allen Seiten der Ruf, er sei nach den Bestimmungen der Thora des Pontifikates unwürdig, weil von einem Sklaven abstammend. Zitronen fliegen dem Ehrenmann auf den Schädel. Tableau! Rauferei, Massaker, 6000 Anhänger der Pharisäer bleiben auf dem Tempelpflaster; Bürgerkrieg, dessen Hauptskandal ich eben angeführt habe. So geht es fort, bis die Römer Ordnung machen. Bei diesen ewigen Kämpfen, Kriegen und Bürgerkriegen handelte es sich immer bloß um die Bekämpfung des Hellenismus durch einen engherzigen Judaismus aus religiösen Gründen. Ganze Städte wurden vernichtet, blühende Länderstrecken zu Wüsten gemacht; die Juden wollten keinen Verkehr mit den Unbeschnittenen. Unter Alexandra herrschten die Pharisäer, und die Sadduzäer wurden aus allen Stellungen verdrängt. In was bestand aber dieser Gegensatz zwischen Pharisäern und Sadduzäern, dessen Betätigung ganz Palästina mit Blut getränkt hat und auf welchen schließlich feilweise der grosse Purzelbaum des jüdischen Staates zurückzuführen ist. Nun, dieser Gegensatz beruhte wieder auf Religion.

Die Pharisäer sind die streng gesetzlichen, die orthodoxen Vertreter des Judentums, sie sind die Repräsentanten jenes Wesens, das Israel angenommen hat seit der Rückkehr aus Babylon, das Produkt des Werkes des Esra. Alle bedeutenden Schriftgelehrten waren Pharisäer. Sie glaubten an ein mündliches Gesetz, außer dem schriftlich fixierten an eine Überlieferung der Väter. Aus ihrem Schoße ist der Rabbinismus und der Talmud hervorgegangen. Sie stellen die Tradition sogar höher als die Schrift, was anderswo auch vorkommen soll. "Es ist sündhafter, gegen die Verordnungen der Schriftgelehrten zu lehren, als gegen die Thora selbst", lautete einer ihrer Grundsätze. Sie glaubten an die Unvergänglichkeit der Seele, an die Auferstehung und eine Strafe im Jenseits, an Engel und Geister und an ein von Gott verhängtes und geleitetes Fatum, das jedoch die Willensfreiheit nur beschränkt, aber nicht aufhebt. In der Politik wollen die Pharisäer, dass politische Fragen nicht vom politischen, sondern vom religiösen Standpunkte aus behandelt werden! Sie waren eigentlich keine politische Partei, sie wurden nur dann "politisch", wenn die Obrigkeit etwas von ihnen verlangte, wodurch die orthodoxe Befolgung des Gesetzes verhindert wurde; sonst war ihnen die Politik außerordentlich gleichgültig. Aus religiösen Motiven allein hat zweimal die pharisäische Partei dem Herodes den Eid der Treue verweigert. Sie waren eine ecclesiola in ecclesia, sie nannten sich hebräisch Peruschim, aramäisch Perischin, woraus das griechische Pharisaioi entstanden ist; das bedeutet die Abgesonderten; abgesondert von aller Unreinheit, das heißt von allen Nicht-Juden, von den unreinen Heiden, aber auch von allen jenen, welche die Reinheitsgesetze nicht pünktlich beobachteten, das heißt vom jüdischen Volke des Landes (Am haArez), ein Wort, das Judenfeinde häufig rundweg mit Christen (!) übersetzt haben. Sie fallen mit dem Begriffe Chassidim der Makkabäer zusammen. Die Makkabäer waren solche Chassidim (Fromme). Ihre Nachfolger blieben jedoch der Partei nicht immer treu, denn als Herrscher hatten sie die Aufgabe zu regieren, und gerade das schien ihnen nach pharisäischem System unmöglich. So kam es unter Hyrkan zum Bruch. Anfangs hatte er noch zu den Pharisäern gehalten, später wandte er sich den Sadduzäern zu; so wurden die Pharisäer Gegner der hasmonäischen Fürsten, behielten aber doch das Volk auf ihrer Seite. Sie erfreuten sich eines bedeutenden Einflusses auf alle Gemeinden, so dass alle gottesdienstlichen Handlungen sich nach ihren Anordnungen richten mussten.

Dadurch waren aber auch die Sadduzäer gezwungen, in ihrer amtlichen Tätigkeit die Wünsche der Pharisäer zu berücksichtigen, da diese sonst das Volk gegen sie aufgehetzt haben würden.

Die Sadduzäer stellten die Aristokratie, die Aufgeklärten und die Wohlhabenden vor. Ihnen gehörten die hohepriesterlichen Familien an, sowie die vornehmen Priester; sie leiteten ihre Abstammung von Zadok ab, dessen Nachkommen seit Salomo den priesterlichen Dienst in Jerusalem versahen. Die Sadduzäer leugneten die Unsterblichkeit, sie hielten nur die Heilige Schrift für verbindlich, nicht aber die Tradition, widersprachen somit der pharisäischen Lehre. Sie hatten auch verschiedene Bestimmungen hinsichtlich rein und unrein und verspotteten ihre Gegner wegen ihrer Auslegung des Reinheitsgesetzes. Die Pharisäer replizierten, indem sie jede Sadduzäerin, wenn sie die Wege ihrer Väter wandelt, für unrein erklärten. Die Sadduzäer leugneten auch die Existenz von Engeln und Geistern und behaupteten, dass Gott die Taten der Menschen nicht beeinflusse. So standen die Sadduzäer auf dem altisraelitischen Glaubensstandpunkte, der keine Auferstehung und Vergeltung im Jenseits kannte, sowie keine Engel und Dämonen im Sinne der späteren jüdischen Religion. Dazu kam noch eine weltliche, praktische Gesinnung, ja bei den Gebildeten wohl auch etwas Aufklärung, was begreiflich ist, wenn man bedenkt, dass sie die Politik leiten mussten. Die unausbleibliche Folge davon war griechische Bildung, somit wieder Aufklärung und Abschwächung des Glaubens. Nur unter Alexandra nahmen ihnen die Pharisäer das politische Heft aus den Händen. Im großen ganzen akkomodierten sie sich aber, um das Volk nicht zu reizen, den Wünschen der Pharisäer.

Aus dem Gesagten geht hervor, dass der Gegensatz zwischen Pharisäern und Sadduzäern nur in einer verschiedenen Religionsauffassung bestand. Der Sadduzäismus ist nach dem Sturze des römischen Reiches ganz von der Bildfläche verschwunden. Der Pharisäismus lebt noch heute im Talmudismus und Rabbinismus weiter. Wir sehen auch hier wieder den Triumph der Orthodoxie gegen den Liberalismus. Ganz dasselbe geschah später im Islam. Die Aufklärung im Islam unterlag vollständig in ihrem Kampfe gegen die Orthodoxie und in allen islamitischen Ländern gilt heute der Satz: "Die Offenbarung steht höher als die Vernunft." Bravo, nur so weiter!

Bekanntlich hat die Synagoge von Montpellier den Bann ausgesprochen im Jahr 1232 gegen alle Juden, welche die Werke des grössten und gelehrtesten Rabbiners Maimonides lesen würden, und vier Jahrhunderte später ist der große Jude Spinoza von der Synagoge in den Bann getan worden. Nicht besser ist es den arabischen Philosophen in den Ländern des Islams ergangen. Arme Aufklärung! Arme Philosophie! Du darfst nicht offen auftreten, sonst hetzt dich gleich eine Meute zu Tode! Du bist nur das Erbteil einer kleinen Minorität von Menschen, die dich aber um so mehr lieben, je mehr du verfolgt wirst! Doch getrost, schließlich wirst du siegen, aber wann? Das weiß Gott allein.

Eine dritte grosse jüdische Partei waren die  E s s e n e r;  selbstverständlich ebenfalls eine religiöse Gemeinschaft.

» »
4. Römerzeit...