Materialsammlung online
Fakten und Argumente zum NPD-Verbot
Vorbemerkung
Seit dem Sommer des Jahres 2000 werden Rassismus, Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit öffentlich stärker wahrgenommen als bisher. Die
Diskussion entsprechender Gegenstrategien nimmt einen merklichen Aufschwung.
Der Widerstand gegen die inhumane Politik der Rechten wächst.
Die Bundesregierung hat dabei - ebenso
wie die CSU - frühzeitig ein Verbotsverfahren gegen die neofaschistische NPD
in den Vordergrund gestellt und die gesamte Debatte zunehmend darauf
reduziert. Das kann aber nicht nur die Erfolgsaussichten dieses Antrags
gefährden, sondern auch dazu führen, die weitere Herausbildung eines breiten
gesellschaftlichen Konsens gegen Rassismus, Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit zu beeinträchtigen.
Die PDS-Bundestagsfraktion hat mehrfach
erklärt: Wenn Bundesregierung und Bundesrat einen gründlich vorbereiteten
und schlüssigen Antrag für ein Verbotsverfahren gegen die NPD vor dem
Bundesverfassungsgericht vorlegen, werden wir ihm zustimmen.
Wir wissen schon seit langem: Die NPD
ist eine neofaschistische, gewalttätige und aggressiv-verfassungsfeindliche
Partei und gehört verboten. Politik und Ideologie der NPD zielen auf die
Vernichtung aller anderen Parteien und der Institutionen der BRD. Mit ihren
Anti-Antifa-Strukturen, die für die Verfolgung und Vernichtung politischer
Gegner werben, ihrer Verherrlichung des Nationalsozialismus (Parolen wie
"Ruhm und Ehre der Waffen-SS"), ihrem aggressiven und uniformierten
Auftreten in der Öffentlichkeit, ihrem Eintreten für einen
völkisch-autoritären Staat und dem Konzept sogenannter "national befreiter
Zonen", die jeden Andersdenkenden und alle MigrantInnen und Flüchtlinge aus
diesen "Zonen" vertreiben wollen, erweist sich die NPD als eine gefährliche
neonazistische Kraft. Ihre organisatorische Potenz reicht deutlich über
die offiziell genannten 6.000 Mitglieder hinaus, ihre Verbindungen und ihre
Zusammenarbeit mit gewalttätigen Skinheads und "Kameradschaften", die sie
mit ihren Parteistrukturen deckt, für die sie Aufmärsche anmeldet und die
sie auf andere Weise fördert, machen sie zu einer ernst zu nehmenden Gefahr
für die Verfasstheit der Bundesrepublik.
Diese Erkenntnisse haben sowohl die
bisherigen Bundesregierungen als auch die jetzige lange verharmlost und
bagatellisiert. Selbst der Verfassungsschutz hat offiziell erst in jüngster
Zeit das besonders aggressive und verfassungsfeindliche Agieren der NPD zur
Kenntnis genommen, in seinen jährlichen Berichten sucht man dies vergebens.
Bundesinnenminister Schily betreibt sein
Verbotsverfahren gegen die NPD bisher als nahezu konspirative Aktion, um
seinen "Quellen" in der braunen Szene nicht zu gefährden. Aber alle
Argumente, alle Informationen über das braune Netz aus Kameradschaften, NPD,
DVU, Republikanern und anderen neofaschistischen Organisationen gehören auf
den Tisch und müssen an die Öffentlichkeit. Die PDS hat entsprechende
Anträge im Bundestag vorgelegt. Auch das hier vorgelegte Material soll dazu
beitragen.
Der Rechtsextremismus-Experte Professor
Hajo Funke (FU Berlin) hat Recht, wenn er auf der Anhörung des Bundestags
zum Rechtsextremismus kürzlich erklärte: "Zum 'Aufstand der Anständigen'
gehört auch der 'Anstand der Zuständigen'." Viele Jahre lang hat die
offizielle Politik, haben Polizei und Justiz neofaschistische Politik und
neofaschistische Organisationen verharmlost. Über DVU, "Republikaner" und
die "Neue Rechte" mit ihren zahlreichen Verbindungen in das konservative
Lager hinein, in Burschenschaften, Vertriebenenverbände und militaristische
Traditionsverbände der Wehrmacht wird nach wie vor kaum gesprochen. Opfer
rechter Gewalt werden noch immer vielfach allein gelassen.
Um Rassismus, Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit ernsthaft zu überwinden, ist ein Paradigmenwechsel in
der Migrations- und Flüchtlingspolitik unverzichtbar. Alle
fremdenfeindlichen Gesetze und Verordnungen müssen aufgehoben werden. Wir
brauchen endlich eine humane Flüchtlings- und Migrationspolitik. Eine
Politik, die die Menschenrechte auch von Flüchtlingen und MigrantInnen
schützt und fördert. Politik und Gesetze machen noch immer 8 Millionen
MigrantInnen und Flüchtlinge zu Menschen zweiter Klasse, Menschen, denen
elementare Grundrechte verweigert werden, die als "unnütz" diffamiert
werden, die noch nicht einmal wählen dürfen.
Rassistische Kampagnen gegen die
sogenannte "Asylantenflut" und den "Doppelpaß", verantwortungsloses Gerede
über "Kinder statt Inder" (Rüttgers), "das Boot ist voll" oder "Die Grenzen
der Belastbarkeit sind erreicht" (Schily) haben rechten Gewalttätern die
Stichworte für ihre menschenverachtende Gewalt geliefert. Flüchtlinge und
MigrantInnen sind Hauptopfer rechter Gewalt.
Mit der Forderung der CDU/CSU nach einer
"deutschen Leitkultur" und der von Hessens Ministerpräsident Koch,
CSU-Stoiber und anderen angekündigten Wahlkampagne gegen Zuwanderung stehen
wir bereits mitten in einer neuen rassistischen Kampagne.
Rassismus, Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit zurück zu drängen, zu isolieren und zu ächten ist eine
Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Die Politik sollte Bündnisse gegen Rechts
und antifaschistische Organisationen fördern und ermutigen und nicht, wie
jahrelang geschehen, diffamieren und diskreditieren. Antifaschistisches
Engagement gehört gesellschaftlich anerkannt und nicht in den
Verfassungsschutzbericht.
Zur Isolierung neofaschistischer
Politik beitragen würde auch eine Festlegung im Grundgesetz, dass alle
Bestrebungen zur Wiederbelebung nationalsozialistischer Politik
verfassungswidrig und verboten sind. Die Gewerkschaft der Polizei hatte
bereits 1994 einen solchen Vorschlag unterbreitet, den wir nach wie vor
unterstützen. Eine derartige Festlegung würde sich auch gegen DVU und
"Republikaner" richten. Eine Zustimmung von SPD, Grünen, der FDP und der
Unionsparteien zu einer entsprechenden Verfassungsänderung steht bis heute
aus.
MdB Ulla
Jelpke, innenpolitische Sprecherin
MdB Petra Pau,
stellvertretende Fraktionsvorsitzende
BEHAUPTUNGEN UND REALITÄTEN
"Das
Verbotsgerede ist im 36.Jahr des Bestehens der NPD nichts Neues. - Neu ist
nur die Art des blinden Hasses, der maßlosen Hetze und Verfolgung nationaler
Bürger. Bezeichnenderweise findet nirgendwo eine wirkliche Diskussion statt,
an der dann zumindest auch ein Vertreter der NPD teilnehmen müßte. Ich halte
diese Kampagne für Volksverhetzung und stelle noch einmal unmißverständlich
klar, daß die NPD seit ihrer Gründung 1964 Gewalt zur Durchsetzung ihrer
Ziele strikt ablehnt, sich eindeutig zum Grundgesetz bekennt und als
demokratische Partei von unten nach oben aufgebaut ist. Somit halte ich ein
Verbot für unbegründet und juristisch nicht durchsetzbar."
Udo Voigt
(NPD-Presseerklärung vom 10.August
2000)
Voigt am 1. Mai 2001 in Berlin
In der Neonazi-Szene wächst nach
Einschätzung des Verfassungsschutzes die Terror-Bereitschaft.
Verfassungsschutz-Chef Heinz Fromm erklärte, es gebe "Ansätze für das
Entstehen terroristischer Strukturen". Der Verfassungsschutz wisse von
"Neonazis, die sich auf den bewaffneten Kampf vorbereiten". Ausdrücklich
betonte er, dass die NPD und die "Jungen Nationaldemokraten" ("JN” - laut
Satzung "integraler Bestandteil" der Mutterpartei) eine "Nahtstelle zum
gewaltbereiten Spektrum" geworden seien. (dpa 09.Juni 2000)
Der NPD -neben der "Unabhängigen
Arbeiterpartei" (UAP) die älteste rechtsextreme Partei in der BRD- ist es
seit dem Machtantritt von Udo Voigt als NPD-Bundesvorsitzender im
März 1996 gelungen, das Image einer Altherrenpartei abzustreifen. Sie
versteht sich als "Speerspitze des Nationalen Widerstandes" und ist die
radikalste der rechtsextremistischen Parteien. Ihr seit 1997 bestehendes
"Drei-Säulen-Konzept" sieht neben dem "Kampf um die Köpfe" und den "Kampf um
die Parlamente" ausdrücklich auch den "Kampf um die Straße" vor.
Unter der Führung von Voigt hat sich die NPD zu
einer aktionsorientierten Partei entwickelt. 1999 wurden von NPD/JN ca. 60
Demonstrationen angemeldet (Focus 33/2000, S.24). Diese Demonstrationen
stellen zugleich den organisatorischen Rahmen für die Aufmärsche von
sogenannten "Freien Nationalisten", die vielfach verbotenen
Neonazi-Gruppierungen entstammen, und Skinheads dar. "Freie Nationalisten",
die bundesweit in ca. 150 "Freien Kameradschaften" organisiert sind, und
Skins bilden ein erhebliches Rekrutierungs-und Mobilisierungspotential von
NPD/JN. Von ihnen geht eine latente Gewaltbereitschaft aus.
Fortsetzung:
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Argumente]
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2007
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